Wir verlassen Belém, die letzte Station unserer Küstentour in Nordbrasilien und fliegen zwei Stunden lang über grüne Wälder und sich endlos dahin schlängelnde Flüsse. Zwischen den Wolken blinken ein paar Lichter. Die große Ernüchterung kommt nach der Landung in Manaus. Die mitten im Regenwald liegende 1,5 Mio Einwohner zählende Stadt ist kein romantischer Ort, sondern eine Industriestadt. Inmitten des eher uncharmanten Getümmels ist die Oper ein besonderer Punkt, nicht zuletzt wegen ihrer besonderen Geschichte „One night in Manaus“, im Hotel neben der Oper, ist die Mühe wert. Am nächsten Morgen geht es in Richtung Regenwald weiter.
Dschungeltour
Wer eine authentische Dschungeltour bucht, der bekommt, was er bestellt hat. Antonios Jungle Tours unterhält eine kleine „Lodge“ mit 5 Holzhütten. Die Schlafhütten sind sehr einfach. Auf Stelzen gebaut findet man im Hauptraum ein Doppelbett, ein Badezimmer und eine Glühbirne, die von der Decke baumelt. Mehr braucht man eigentlich auch nicht. Wer keinen Spiegel hat, der muss sich anders wahrnehmen. Im Garten der Lodge wachsen Papaya, Mangos, Kokosnüsse und Bananen. Die hier ansässige Familie, die das Ganze am Laufen hält, kann kochen. Die morgendlichen Pfannkuchen sind so gut, dass sie uns fast aus dem Bett treiben und die solide zubereiteten Mahlzeiten erfüllen uns mit großer Dankbarkeit. Wir Zivilisationsmenschen sind nach einem Tag auf dem Fluss, auf dem wir uns mit einem kleinen Aluminiumboot mit Außenbord Motor und Holzpaddeln fortbewegt haben, ungewohnt hungrig.
Auf dem Fluss treibt man geräuschlos dahin und kann den Vogelreichtum der Region staunend bewundern. Die Vogelstimmen in der Stille vereinen sich zu einem Dschungel Konzert. Tukane fliegen in kleinen Gruppen über den Fluss. Der Versuch, ein gutes Photo von einem Kingfisher zu ergattern, scheitert regelmäßig, die Geschwindigkeit lässt sich nicht einfangen. Die Natur ist trotz des niedriger Wasserstandes oder vielleicht auch gerade deshalb, überwältigend. Unter den Dächern der gewaltigen Bäume gleitet man dahin. Die Begegnung mit den Amazonas Delfinen gehört sicher zu den magischsten Momenten der gesamten Tour. Elegant gleiten sie durchs Wasser; in der Stille hört man ihre Atmung. Amazonasdelfine sind rosa und kleiner als die uns bekannten Delfinarten. Beide Arten leben in den Flüssen und sind besonders in der Abenddämmerung aktiv.
Bootstour auf einem Nebenfluss des Amazonas
Die kleinen Nebenflüsse haben am Ende der Trockenzeit einen niedrigen Wasserstand. Gelegentlich bleiben wir stecken, müssen eine kurze Strecke am Flussufer entlang gehen und das Boot ziehen. Das Ganze ist mit Arbeit verbunden und den Amazonas erreichen wir an diesem Tag nicht. Die Stundenwanderung zum Amazonasufer durch mannshohes Schilf löst wenig Begeisterung aus. Wir entscheiden, ihn später in Manaus anschauen.
Das Besondere an dieser Tour ist das intensive Erleben der gewaltigen Natur, die überwältigt. Dazu gehört auch eine Hikingtour durch den Regenwald, der seinem Namen alle Ehre macht, denn der Himmel öffnet buchstäblich seine Schleusen. Wann hat man sich zum letzten Mal „nass bis auf die Knochen“ gefühlt? Hier ist das Normalität. Unser Guide bleibt gelassen, auch als direkt neben ihm ein gewaltiger Ast zu Boden kracht. Er nimmt seine Aufgabe, uns den Regenwald näher zu bringen, sehr ernst. Er hat eine Mission und erzählt uns einige abenteuerlich interessante Geschichten über seine Herkunft aus einem indigenen Stamm. Sie klingen zu wild, um wahr zu sein, aber wer weiß das schon. Nach vier Tagen verlassen wir unsere gastfreundliche „Familie“. Fast hätten wir den Hund adoptiert, mit der Erkenntnis, dass wir wohl nicht für diese Region geboren sind. Die Vielfalt der Natur hat uns dennoch begeistert. Sie wird aber, und auch das sehen wir auf unserer Fahrt, stark bedrängt, und muss den Menschen, ihren Straßen und neuen Farmen an vielen Stellen weichen.