In jedem Reiseführer steht Sorong, in West Papua, sei zu meiden. Ein gesichtsloser Ort voller Müll und Hässlichkeit. Die Taucher, die am Flughafen ankommen, werden unverzüglich an der Marina abgesetzt und auf das, im Hafen vor Anker liegende, Tauchboot befördert. Schnell geht es dann in die Naturschutzgebiete von Misool und Central, wo man die schönsten Tauchgebiete der Welt vorfindet. Angesichts dieser Informationen will sich wenig Entdeckerlust einstellen; aber schließlich siegt die Neugierde.
Wir machen uns auf den Weg zum, bisher einzig gesichteten, buddhistischen Tempel, der aus der Ferne, auf einem Hügel über der Stadt thronend, sehr interessant und anziehend wirkt. Leider ist er verschlossen, aber die lustige kleine Gruppe Schulkinder, die sich im Schatten des Turmes niedergelassen hat, schwärmt aus. Alle möchten uns die Hand schütteln, sie kichern und lachen, und schließlich müssen wir mit Lehrern und Eltern aufs Foto. Ein sehr herzliches Intermezzo, voller Lebensfreude und Aufgeschlossenheit. Das steht in keinem Reiseführer. Die Menschen in diesem Teil Papuas sind begeistert von Begegnungen mit Touristen. Auf eine liebevolle und neugierige Art nehmen sie die Fremdlinge in Augenschein und sind, ähnlich wie die Menschen in Fiji, neugierig freundlich. Die meisten sprechen kein Englisch, aber Körper- und Zeichensprache sind positiv und offen. Es macht Freude, sich in diesem Umfeld zu bewegen.
Mikroökonomie auf den lokalen Märkten von Sorong
Auf dem Markt muss man sich an die lokalen Gerüche, Matsch und Müll gewöhnen. Aber die Mikroökonomie funktioniert, denn es gibt hunderte, winzige Stände, in denen das lokal gezogene Gemüse von Frauen angeboten wird. Hinter den Auslagen werden Kinder gewickelt, Klatsch und Tratsch ausgetauscht oder auf einem Stapel Kissen geschlafen. Leider wird alles in rot-weiß gestreifte dünne Plastikbeutel verpackt. Und das, obwohl es hier sehr schöne gehäkelte Netze gibt, die, an jeder Ecke und in allen Größen, zu haben sind. Die gefallen nicht nur mir, aber zum Transport von Gemüse, Hühnchen oder Eiern traut man ihnen scheinbar nicht über den Weg. Bis die Plastikplage hier eingedämmt werden kann, dauert es sicher noch Jahre. Was kann man tun, damit die Menschen verstehen, dass sie ihre Lebensgrundlage selbst zu Grunde richten?
Goldrausch in West Papua und die Folgen
Sieht man die Einfachheit, die trotz großer Gold- und Erdgasvorkommen in der Region herrscht, wird deutlich, dass es ein langer und schwieriger Weg ist.
Die Wertschöpfung aus diesen Quellen kommt jedoch bei der breiten Bevölkerung nur sehr spärlich an. Die Grasberg Mine im zentralen Papua gehört zu den größten Gold- und Kupferminen der Welt. 51,3 % der indonesischen Beteiligungsgesellschaft gehören dem Staat Indonesien, der andere Teil einer amerikanischen Minengesellschaft, die dem Staat entsprechende Steuern für das Betreiben bezahlt. Sie erwirtschaftet einen operativen Gewinn von 4,1 Milliarden US $ bei einem Umsatz von 6,4 Milliarden US$.
Da reibt man sich schon ein wenig verwundert die Augen. Aus Sicht des Außenstehenden hat man den Eindruck, dass in der Region wenig von diesem äußerst lukrativen Geschäft zu sehen ist. Man erwartete bessere Straßen, gute Krankenhäuser und eine vernünftige Wohnsituation der lokalen Bevölkerung. Vielleicht ist unsere westliche Sichtweise nicht objektiv und wir kennen die Bemühungen zur Verbesserung der Lebenssituation vor Ort nicht. Die erfolglosen Proteste und Unabhängigkeitsbestrebungen der Völker Papuas sind jedoch auch ein Zeichen. Das mindeste wäre allerdings die Beseitigung der gewaltigen, durch den Betrieb der Mine, entstehenden Umweltschäden. Als Folge anhaltender Kritik wurde der Betreiber, als Anleger, aus dem norwegischen Staatsfond verbannt. Immer wieder kommt es zu Aufständen, Streiks und Gewalttaten gegen die Betreiber der Anlage.
Zur kulturellen Erfahrung gehört auch der Besuch eines lokalen Street Food Standes. Der gegrillte Fisch schmeckt frisch und lecker. Dazu gibt es gedünsteten Reis und eine scharfe Sojasoße. Es ist ein einfaches, aber gutes Essen. Unsere nächste Station ist ein sehr kleiner Nationalpark, in dem es vor Mosquitos wimmelt. In einem Gehege fristen drei bunte Papageien und zwei Kakadus ihr Dasein; wir ergreifen die Flucht.
Als weiteres kulturelles Highlight könnte man noch den Besuch eines größeren Supermarktes erwähnen. Was kochen die Menschen in Papua? Es ist interessant zu sehen, dass neben Barilla Nudeln sehr viele chinesische und japanische Waren angeboten werden. Das Angebot ist vielfältig und, wie in vielen bisher besuchten Ländern, leider auch sehr Fast Food lastig.
Damit erschöpfen sich die Erfahrungen an Land und wir freuen uns auf das Tauchen. Raja Ampat, zu deutsch, das Reich der vier Könige, umfasst mehr als 1500 kleine Inseln und 200 Tauchplätze und ist ein vielgepriesenes Tauchgebiet. An den unzähligen wunderschönen Korallenriffen wachsen Weich- und Fächerkorallen in allen Farben. Zahllose Fischschwärme von Barrakuda, über Schnapper- und Fledermausfische bevölkern die Riffe. Es ist ein Fest für jeden Tauchbegeisterten. Als privates Boot sind wir zwischen den zahlreichen lokalen liveaboard Holzbooten eine Ausnahme.
Traumhafte Tauchgänge im Reich der vier Könige
Zahlreiche Anbieter fahren ihre zahlungskräftigen Gäste in die entlegenen Buchten und zu den Tauchplätzen, die auch nur auf diesem Weg erreichbar sind. Die Tauchgänge, die wir dann erleben dürfen, sind verzaubernd. Noch nie habe ich eine solche farbenprächtige Vielfalt erlebt. Weichkorallen wiegen sich in der Strömung und neugierige Clownfisch lugen zwischen Seeanemonen hervor. Ein Fransenteppichhai döst in einer Höhle vor sich hin. Schwärme von Barrakudas und von Napoleonfischen, in beachtlicher Größe, warten auf Beute. Die Korallenriffe wirken wie prachtvoll angelegte Unterwasserparks. Dankbar und voller Begeisterung verlassen wir diese besondere Gegend. Es geht weiter nach Sulawesi auf unserer Reise um die Welt.