Reise um die Welt Teil 13/2

Auf den Spuren der Inka

Die Dynamik dieser Reise verlangt, dass das Reiseziel des Tages erst beim Frühstück festgelegt wird. Vorher wäre dafür auch keine Zeit. Die Schnellrecherche ergibt, dass es zu schade wäre, von Tarija nach La Paz zu fliegen. Wir würden die Fahrt durch die bolivianischen Anden, über eine der gefährlichsten Straßen der Welt, wie wir erst hinterher erfahren, und den Anblick der größten Salzwüste, des Salar von Uyuni, verpassen. Die Rezeptionistin erweist sich als hilfsbereit und findig und um Punkt 10:00 h steht der Fahrer vor der Tür. Die prognostizierte Ankunftszeit für unsere Fahrstrecke von 350 Kilometern ist 18:00 h. Das hätte zu denken geben können. Wissen macht aber nicht immer glücklich und hätten wir vorher erahnt, wie sich die stundenlange Fahrt über eine, nicht befestigte, schmale Schotterstraße in über 3000 Meter Höhe, anfühlen würde, hätten wir vielleicht darauf verzichtet. Dann wäre uns ein einmaliges Erlebnis entgangen. Vor uns bauen sich gigantische Canyons in unterschiedlichsten Schattierungen von Grün, Grau und Braun auf. Wir fahren zwischen atemberaubenden Felsformationen und durch Schluchten. Darüber spannt sich der hellblaue wolkenlose bolivianische Himmel. In den, tief unter uns liegenden, Tälern winden sich kleine Gebirgsflüsse; gelegentlich kommt eine Siedlung ins Blickfeld. Der Staub dringt durch alle Ritzen, es fühlt sich an, als wären wir Teilnehmer einer Wüstenrallye. Der Engel der Hotelrezeption hat uns aber einen Fahrer gezaubert, der mit allen Wassern gewaschen ist und uns rasant und heil über diese Strecke befördert, über die er wohl nicht zum ersten Mal fährt. Der Tag zieht sich und bei Einbruch der Dunkelheit haben wir Uyuni erreicht.

Uyuni
Uyuni

Salar von Uyuni

Der Anblick dieser staubigen, windigen Ansammlung abgerissener Häusern, zwischen denen der Wind Müll herumwirbelt, ist traurig, und erscheint wie eine Szene aus einem Mad Max Film. Wo ist unser Hotel, in dieser endzeitlichen Szene? Unser Fahrer zeigt Ermüdungserscheinungen und wir müssen ihn motivieren, um uns in der einsetzenden Dunkelheit nicht einfach im Staub abzusetzen. In weiter Ferne glänzen die verheißungsvollen Lichter eines hoffentlich schönen Salzwüsten Hotels. Das Ziel unserer Träume ist ganz aus Salzquadern gebaut und liegt, ganz für sich, inmitten einer Einöde aus Salz, die wir erst am nächsten Morgen wahrnehmen. Dann fahren wir mit einem 4 x 4 Fahrzeug in die Salzwüste, die uns mit ihrer strahlend weißen endlosen Fläche blendet.

Salzwüste von Uyuni
Salzwüste von Uyuni

Die Salzoberfläche hat symmetrische Muster, sieht aus wie ein gefrorener See und dehnt sich, bis auf wenige, mit Palmen bewachsene, Inseln, endlos bis zum Horizont. Ich freue mich schon auf den Sonnenuntergang. Am Mittag wird ein kleiner Tisch aufgebaut und wir dürfen die typischen Speisen der bolivianischen Hochebene genießen. Hier wird vor allem Quinoa angebaut. Dazu gibt es Käse, Gemüsesalate und Brotaufstriche. Am Nachbartisch sitzt der andere Teil unserer Reisegruppe, eine bolivianische Familie mit zwei erwachsenen Töchtern. Die Stimmung ist fröhlich, die Kinder haben den Eltern diesen Ausflug geschenkt. Die leben keine 200 Kilometer entfernt und kennen diesen atemberaubenden Teil ihres Landes gar nicht. Die Begegnung ist für uns sehr wertvoll, denn wir erfahren viel über die Geschichte der Silberminen im nicht weit entfernten Potosi. Hier haben viele Bolivianer zur Zeit der spanischen Herrschaft ihr Leben gelassen. Sie werden auch heute noch, weit menschlicher, bewirtschaftet. 

Wie lebt es sich denn als Familie mit vier erwachsenen Kindern in Bolivien? Das Gespräch zeigt, dass die Themen den unseren nicht unähnlich sind. Es geht darum, den eigenen Weg zu finden, selbstständig werden, die Beziehung mit Eltern und Geschwistern aufrecht zu erhalten. Wir werden auch politisch ins Bild gesetzt und erst jetzt wird uns klar, dass unser nächstes Reiseziel, Peru, einige Schwierigkeiten mit sich bringt. Die meisten Grenzübergänge zwischen den beiden Ländern sind wegen politischer Unruhen geschlossen. Das Auswärtige Amt rät dringend von Reisen in die, von uns anvisierte, Gegend ab. Was tun? Der freundliche Familienvater macht uns Mut und informiert darüber, dass der Grenzübergang von Desagradecido zu Fuß passierbar ist. Da wir bereits eine Grenze zu Fuß überquert haben, betrachten wir uns als Profis und entscheiden, es zu versuchen. Nach dem Traum in Weiß verabschieden wir uns aus dieser seltsamen Stadt, die uns mit der bizarren Schönheit des Salars ausgesöhnt hat und fliegen nach La Paz.

Salzwüste von Uyuni

Eine Flugstunde später kommen wir am Flughafen mit einem sehr freundlichen Taxifahrer in Kontakt, der uns zur Grenze fahren will. Er mobilisiert einen befreundeten Taxifahrer auf der peruanischen Seite, der uns abgeholt. Wir können gar nicht glauben, dass es so einfach ist. Aber so ist es und wir passieren im besagten Ort eine weitere Bretterbude, die wir, ohne lokalen Fahrer, wahrscheinlich gar nicht gefunden hätten. Don Carmelo bringt uns sicher nach Puno, wo wir für diese Nacht ein schwimmendes Hotel auf dem Titikakasee ausgesucht haben.

Puno, Titikaka See

Wir werden mit dem Boot am Ufer des Sees abgeholt und auf eine, aus Stroh gebundene, Insel, gebracht. Unser Zimmer wird von einem riesigen Bett, dass sich unter Deckenbergen biegt, dominiert. Abends wissen wir warum. Nacht ist es unglaublich kalt an diesem auf 4000 Metern Höhe gelegenen See. Das Betthaupt ist mit einer schönen Holzschnitzerei dekoriert. Gemütliche Sessel und geschickt plazierte Sitzgruppen rücken die Sonnenauf- und untergangs- Stimmung jeweils in richtige Licht. Darauf liegen bunte bestickte Kissen. Hinterher erfahren wir, dass alles von Hand und hausgemacht ist. Die bezaubernde bolivianische Familie umsorgt uns. Es gibt sogar eine Flasche Wein, die, angesichts unserer physischen Verfassung, sehr willkommen ist. Wir sind mit anderen Worten ziemlich fertig und genießen die unendliche Ruhe auf dem See. Wasservögel platschen um uns herum, die Sonne malt eine satte Farbenpracht ins Abendrot der Wasseroberfläche, in der sich träge Kreise bilden. Malinda, unsere Gastgeberin erzählt uns, wie sehr sie sich über unseren morgendlichen Anruf gefreut hätte. Endlich wieder Gäste, nachdem man fast zwei Jahre, Covid bedingt, das Hotel schließen musste. Dann kamen die Unruhen, die besonders in Puno, sehr heftig waren. Touristen mieden dieses Gebiet und tuen das noch. Sie hofft, dass unser Besuch ein Wendepunkt ist.

Titikaka See
Titikaka See

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