Reisetherapeutisches…

Heute kam mir das Kartenset des geschätzten Verlags „School of Life“ in die Finger, oder besser, vor die Augen. Ich liebe gute Fragen und deshalb auch Fragekarten. Das es darunter auch eines gibt, das sich mit den therapeutischen Aspekten von Reisen beschäftigt, fand ich sehr interessant. In der Beschreibung findet sich folgender Satz: „beim Reisen geht es nicht darum, einen bestimmten Betrag zu überweisen. Erlebnisse kann man sich nicht kaufen. Erleben ist eine Kunst, die es zu erlernen gilt“.

Das kann ich aus vollem Herzen bestätigen. Sich auf Neues einzulassen, sich überraschen zu lassen, ist unheimlich, anstrengend aber unglaublich bereichernd. Es hilft, die unveränderlichen Dinge zu akzeptieren und das Positive im Unvorhergesehenen zu erkennen. Aus einem Wolkenbruch, der die Weiterfahrt verhindert und die ganze Planung durcheinanderbringt, wird eine wohltuende Pause, die eigentlich dringend nötig war. Fast wäre nicht aufgefallen, dass die Ereignisse ohne Unterbrechung weitergehen und der Film immer weiterläuft, wären da nicht die ungeplanten Dinge. Durch den Regenschleier wirkt die Welt auf einmal mystischer und die Ruhe ist wohltuend wie ein wärmender Schal. Einmal buchstäblich gestrandet, mieten wir uns ein Auto und gehen auf Entdeckungsreise, in einer Gegend, in die wir sonst niemals gekommen wären. Da ist sie, die oft beschriebene Resilienz und Wunderwaffe, im Kampf mit den Unwägbarkeiten des Lebens. Jeden Tag erleben wir auf dieser Reise neue Herausforderungen, Pläne lassen sich nicht umsetzen, Vieles funktioniert nicht so, wie gedacht. Statt das Universum zu verteufeln, lernen wir, die neuen Herausforderungen anzunehmen und als „das Neue und Andere“ zu akzeptieren.

Das Positive im Unvorhergesehenen erkennen

Raja Ampat, Indonesien
Raja Ampat, Indonesien

Als Kind der Stadt, dessen Naturerlebnisse sich in der Vergangenheit auf kurze Waldspaziergänge und regelmäßige Adriaurlaube beschränkten, ist die Begegnung mit den Kräften der Natur herausfordernd. Auf dieser Schiffsreise erlebe ich die Natur als unberechenbar und sich ständig wandelnd. Der Wind lässt sich nicht abstellen oder aufdrehen, die Jahreszeiten haben sich durch den Klimawandel verschoben. Regenzeiten kommen später und heftiger oder gar nicht. Das macht die Planung viel schwieriger und verlangt mehr Flexibilität. Auch das ist eine ungeahnte emotionale Ressource und eine neue Seite, die im Inneren erklingt. Es ist ein großer Sprung, wenn man es lernt, seine Ängste zu überwinden und darauf zu vertrauen mit den Veränderungen, die das Leben uns abverlangt, umzugehen zu können.

Eine der Karten des therapeutischen Fragen Set möchte wissen, wie unser Leben heute aussehen würde, wären wir nicht dort geboren, woher wir kommen, sondern hier an diesem Ort, den wir gerade bereisen. Ich denke an meine eigene Kindheit und Erziehung.  An die Glaubenssätze und kulturellen Riten, mit denen ich aufgewachsen bin. Das hat mich, neben der genetischen Ausstattung, geprägt. So bin ich. Aber bleibt diese kulturelle Identität für immer bestehen?  Wenn man sich damit beschäftigt, finden sich viele Informationen darüber, dass unsere kulturelle Identität nicht unveränderbar ist. Wir sind nicht klar definiert, sondern verändern unsere Identifikation durch Begegnungen, begünstigt durch unsere globalisierte Welt und durchs Reisen. Unsere Entwicklung wird bestimmt durch Menschen, die wir kennen lernen, die uns beeindrucken und dadurch beeinflussen. Mein deutsches „Ich“ ist ganz sicher geprägt und beeinflusst von den unvergesslichen Eindrücken und Begegnungen auf dieser Reise. Quelle: (https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/identitaet/6968

Ternate, Indonesien
Ternate, Indonesien

Neulich sind wir an einem Strand entlang spaziert. Es war ein langer, weißer, einsamer Strand. Dort lagen, neben, leider viel Plastikmüll, schöne Muscheln. Auf diesem Spaziergang mit der Sonne im Rücken und mit nichts anderem im Sinn, als die schönsten Muscheln zu finden, habe ich mich einen Moment lange gefragt, ob mein Tun nicht sinnlos ist und andere Dinge wesentlich wichtiger wären. Einen quälenden Moment lang musste der Chor der inneren, „Über-den-Brillenrand-Gucker,“ beruhigt werden, dann machte sich ein strahlendes Glücksgefühl breit. Ja, es ist völlig in Ordnung, einfach über einen Strand zu gehen, den Sand zwischen den Zehen zu spüren, das Rauschen der Wellen zu hören, den Geruch des Meeres zu genießen und vielleicht auch eine schöne Muschel zu finden. Das darf man sich erlauben und es genießen. Das Gefühl permanent zu funktionieren und das vermeintlich Richtige und Gewünschte zu tun, auch das kann ich jetzt hinter mir lassen. Ein sehr schönes Gefühl.
 

Tuamoto Atoll, Französisch Polynesien
Tuamoto Atoll, Französisch Polynesien

Es muss aber kein Strand sein. Die „Marina Abramovic Methode“ ist ebenfalls sehr hilfreich, um sich zu erleben und ein neues „Hier-und-Jetzt Gefühl“ zu entwickeln.

Marina Abramovic Methode

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