Reise um die Welt, Teil 19

Vier Wochen in Tonga

Bevor man sich in ein neues Terrain begibt liest man einen Reiseführer und recherchiert im Internet. Und so las sich Tonga wie ein echter Geheimtip. Kleine Inseln, unberührte Natur, 173 „friendly Islands“, wie Captain James Cook die Inseln vor über 200 Jahren getauft hat. Ein echtes Paradies.

Unruhe im Königreich

Der 180 Längengrad ist der Grad der internationalen Datumsgrenze. Tonga liegt westlich davon und ist, zusammen mit Samoa, das Land, in dem die Sonne zuerst aufgeht.

Das Königreich hat knapp 300.000 Einwohner. In etwa so viele wie Münster. Nach wie vor regiert König Tupou VI. Allerdings kann er seit 1997 nicht mehr uneingeschränkt tun und lassen, was er möchte. Seitdem es zu soziale Unruhen gekommen ist, hat die Demokratiebewegung an Boden gewonnen und seit 2006 gibt es einen bürgerlichen Premierminister. Was war denn los im Königreich? Die königliche Kasse wurde 1997 durch den Verkauf von Pässen an wohlhabende Chinesen markant aufgestockt.

Auch heute scheint es, laut Aussagen von Bewohnern, die wir kennen gelernt haben, noch einen Handel damit zu geben. Dieses Geld ist beim Volk wohl nie angekommen, was den Unmut der Bevölkerung erklärt. Auch versteht man, warum viele Geschäfte auf den Inseln von Chinesen betrieben werden, die sich hier niedergelassen haben. Auch ein Thema mit sozialem Zündstoff. Das tut dem Genuss des Besuches allerdings keinen Abbruch und die drei Inselgruppen sind die entspanntesten Destinationen, die wir bisher besucht haben. Die Entschleunigung wirkt sich unmittelbar auf Kreislauf und Tagesablauf aus.

Königspalast Tonga
Königspalast Tonga

Am Sonntag ist Fischen verboten

Tongatapu, die Hauptinsel, ist das wirtschaftliche Zentrum des Landes. Hier landen Flieger aus Fidschi und Neuseeland. Wir wollen eine Inselrundfahrt machen und die schwergewichtigen Taxifahrer benötigen mindestens eine Viertelstunde Bedenkzeit, bis einer von ihnen sich aus seinem Sessel erhebt. Dann fahren wir drei Stunden lang um die Insel, sehen das Stonehenge der Südsee, die Landestelle von Captain Cook, einen schönen Strand mit bizarren Felsformationen und unzählige Kirchen. Die Tonganer sind ein sehr gläubiges Volk und der Sonntag ist heilig. Man darf am Sonntag nicht fischen oder sonstigen Vergnügungen nachgehen. Das ginge auch nicht, denn es ist alles geschlossen und verriegelt.

Walschwimmen

Es ist Winter. Das bedeutet, es ist Wal Zeit. Hunderte Buckelwale ziehen jedes Jahr aus der Antarktis in die warmen Gewässer Tongas, um ihre Neugeborenen an das Leben als Wale zu gewöhnen. Das bedeutet, es gibt Unterricht im Schwimmen und Springen. Mutter macht es vor und das kleine Kalb müht sich, es zu wiederholen. Es sind sehr rührende Szenen, deren Zeugen wir über und unter Wasser werden. Die großen Flossen platschen noch etwas ungeschickt und spielerisch aufs Wasser. Der kleine Körper, wobei klein in etwa 5-6 Meter bedeutet, bliebt meistens in der Nähe der Mutter. Schwimmen beide, dann befindet sich das Kalb direkt oberhalb der Mutter.

In Tongatapu gehen wir mit der gesamten Crew an Bord eines kleines Motorbootes und lernen die Verhaltensregeln beim Schwimmen mit Walen im offenen Meer. Eine Regel lautet, niemals dem Wal hinterher zu jagen. Darüber bin ich sehr froh, denn die Erfahrung in der Dominikanischen Republik war weitaus weniger tierfreundlich.

Walschwimmen
Walschwimmen

Der erste Kontakt ist gleich erfolgreich, der Wal zeigt Interesse und wir gehen ins Wasser. Zwei Wale bemühen sich offensichtlich um die Gunst eines Weibchens. Sie sind sehr aktiv und ziehen in unterschiedlichen Konstellationen an uns vorbei. Wir befinden uns in unmittelbarer Nähe und der Anblick solcher Ozeanriesen im Wasser, direkt unterhalb oder besser noch, auf sich zukommend, ist sehr beeindruckend, fast schon einschüchternd. Beim nächsten Zusammentreffen dürfen wir einen Blick auf eine Mutter mit ihrem Kalb werfen. Das ist für uns alle eine sehr emotionale und schöne Begegnung. Dann haben wir das Glück, einem einzelnen männlichen Wal zu begegnen, der Lust hat, für uns einen kleine Show zu inszenieren. Vielleicht ist es im langweilig oder er sucht Kontakt. Er bleibt fast eine halbe Stunde bei uns und wir können uns ausgiebig über und unter Wasser mit ihm beschäftigen.

Walschwimmen

Tongatapu

Tongatapu hat unter dem Vulkanausbruch im Januar 2022 und dem darauffolgenden Tsunami sehr gelitten. Das Schlimmste muss wohl der darauffolgende Asche Regen gewesen sein. Auch tauchten plötzlich neue Inseln aus dem Meer auf, andere verschwanden, Häuser wurden ins Meer gespült. Es war eine große Tragödie. Für uns als Besucher scheint es so, als ginge das Leben hier seinen ganz normalen Gang. Die Spuren sind dank internationaler Hilfe gut beseitigt worden.

Auf der Nachbarinselgruppe Haapai, verbringen wir alleine mehrere Tage in einer wunderschönen Bucht mit Blick auf einen noch aktiven Vulkan. Auch hier haben wir Walkontakte. Mutter und Kind nähern sich uns jeden Tag ein Stück mehr, bis sie neben unserem Boot liegen und sich betrachten lassen. Es ist eine intensive Zeit.

Der schöne Norden Tongas

Etwas widerstrebend begeben wir uns in Richtung Vavau Gruppe, den nördlichen Inseln, wo uns eine Überraschung erwartet. Die Inseln sind atemberaubend schön, die Lagunen schimmern in allen Blau- und Türkistönen. Es gibt noch mehr Wale und viele interessante Begegnungen. In der Hauptstadt, oder besser im Hauptstadtdorf, gibt es einen bekannten Treffpunkt, das Café Tropicana. In dieser Institution, einer Mischung aus Café, Wäscherei, Fahrradwerkstatt und Klatsch- und Tratschplatz Nummer eins, trifft man viele Segler, aus Kanada, den USA, Neuseeland und Australien. Ein paar Europäer sind auch dabei. Die Stimmung ist sehr angenehm und man tauscht sich gerne über Ankerplätze, Einkaufsmöglichkeiten und Wal Erlebnisse aus.

Nach vier Wochen, wollen wir nicht weg, aber es liegt noch viel Schönes vor uns und wir nehmen Kurs auf Fidschi.

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