Regenzeit im Norden Australiens – Reise um die Welt, Teil 24

Wie der Norden Australiens trotz Regenzeit abenteuerlich schön sein kann

Von Cairns nach Darwin

Cairns, im tropischen Norden Australiens, ist zur Regenzeit, selbst wenn deren Ende in Sicht ist, ein Eldorado für Platzregen-Liebhaber. Innerhalb von Minuten erscheinen schwarze Wolken am Himmel und dann öffnet er seine Schleusen. Schwallartig ergießt sich warmer Regen aus den Wolken und die Kleidung klebt warm und klatschnass am Körper. Man gewöhnt sich daran, denn ein Schirm ist auch nicht nützlich, der Regen weht ihn in alle Richtungen.

Von Cairns nach Darwin

Die Küste zwischen Cairns und Port Douglas ist hübsch. Kleine Küstenorte schmiegen sich an die grünen, tropisch bewaldeten Berge. Morgens machen sich Fährboote auf zu ihren Touren am Barrier Reef. Das größte Riff der Welt ist eines der Sorgenkinder der australischen Klimaforscher, denn, auch in diesem Jahr findet wieder eine dramatische Korallenbleiche statt. Auf unserem Weg zur Nordspitze Australien kommen wir an Lizard Island vorbei.

Forschungsstation auf Lizard Island

Dort gibt es eine Forschungsstation, die man besuchen kann. Viele Doktoranden und Masterstudenten erforschen hier die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die empfindlichen Korallen. Wenn die Meerestemperatur auf über 30 Grad steigt, stoßen die Korallen die symbiotischen Algen ab, die ihnen die typischen Farben geben und Nahrungsquellen für die zahlreichen Fische, die das Riff bevölkern, sind.  Das Ökosystem gerät aus dem Takt. Auch der sinkende PH-Wert des Wassers, eine Versauerung, hat einen negativen Effekt auf die Gesundheit der Korallen. Aber es gibt auch gute Nachrichten: Korallenriffe können sich, unter Einhaltung bestimmter Bedingungen, wieder erholen.

Die deutsche Meeresbiologie-Studentin aus Köln genießt jedenfalls das Forscherleben in dieser internationalen Insel Community. Der australische Staat steckt viel Geld in diese Anlage und dank vieler Spendengelder ist sie sehr gut und modern ausgestattet.

Auf unserer Weiterreise hangeln wir uns von Bucht zu Bucht, den Wetterradar fest im Blick.  Noch ist Zyklon Zeit; wir müssen vorsichtig sein. Wir fahren an der Küste von Arnheim Land vorbei, einem Niemandsland mit wenig Infrastruktur. Mit dem Beiboot machen wir uns auf zur Erkundung eines Flussdeltas. Salzwasserkrokodile, vor denen überall gewarnt wird, sehen wir keine und das ist vielleicht auch besser so, denn mit diesen Reptilien ist nicht zu spaßen. Sie können bis zu sieben Metern lang werden und haben sehr viel Kraft, wenn es darum geht, aus dem Wasser hochzuspringen.

Flussdelta - Australien

Damit fällt das Thema Schwimmen allerdings auch aus. Auch auf Thursday Island, einer der fast 200 Inseln der Torres Straße zwischen Papua-Neuguinea und Australien ist das Schwimmen nur im öffentlichen Freibad möglich. Wie lebt die einheimische Bevölkerung mit diesen Bedingungen, den heftige Regenzeiten, Zyklonen, starken Strömung, Haien und Krokodilen?

Unser Guide John ist von seiner Wahlheimat begeistert. Er ist Free Diver und kennt vermutlich die Stellen, an denen man gefahrlos schwimmen und tauchen kann. Es lebt sich nicht schlecht auf Thursday Island; die Infrastruktur ist gut und das Versorgungsschiff kommt regelmäßig. Es gibt weiterführende Schulen mit einem angeschlossenen Internat und im Grand Hotel, dem einzigen Hotel der Insel, kann einer der vielen Angestellten der Coast Guard auf der großen Außenterrasse zu seinem Geburtstag eine kleine Party veranstalten. Ob man sich hier über eine Übernachtung freuen würde, wage ich allerdings zu bezweifeln.

„Der Staat sorgt gut für uns“, sagt Mutti, unser indonesisch-stämmiger Taxifahrer, mit dem wir einmal um die Insel fahren. Das verlassene Fort der Engländer, die hier zu Captain Cooks Zeiten das Sagen hatten und der internationale Friedhof, auf dem sich die Gräber der verstorbenen japanischen Taucher, der moslemischen Indonesier und der lokalen Bevölkerung, der Torres Strait Islanders, befinden, sind die Hauptattraktionen der Insel. Die Japaner kamen von 150 Jahren auf die Inseln, um nach Perlmutt zu tauchen. Früher lagen die Muscheln an den Stränden. Im Laufe der Zeit wurden es immer weniger und sie mussten, unter großen Gefahren, aus immer größeren Tiefer hochgeholt werden. Die Perlmutt Industrie, besonders die der Perlmuttknöpfe, wuchs schnell, bis sie in den 60iger Jahren von Plastikprodukten verdrängt wurde.

Streetart Perlentaucher - Australien

Auf den Inseln der Torres Straße leben ca. 5.000 Torres Strait Islanders. Der Großteil des Volkes, das von Einwanderern aus Indonesien abstammt, lebt auf dem Festland in Queensland. Sie sind keine Aborigines. Die offizielle Sprache ist das Torres Strait Kreolisch, eine Mischung aus australischem Englisch und zwei Dialekten. Die Torres Strait Islander glauben, dass Meer, Inseln, Flora und Fauna von den Vorfahren erschaffen wurden. Ebenso soll, nach ihrem Glauben, Tagai, ein berühmter Fischer und Geist, die Welt erschaffen haben. Noch heute basieren alle gesellschaftlichen Strukturen auf den Tagai Geschichten. Erst 1967 erhielten die Menschen ihre Bürgerrechte, aber seit dem „Recognition Act“ der australischen Regierung im Jahr 2013, der die Aborigines und die Torres Strait Islanders als erste Einwohner Australiens bestätigt, erhält die Bevölkerung mehr Autonomie.

Schwieriger scheint die Situation beim Fischfang zu sein. Es gehört zur Überzeugung der lokalen Bewohner, dass ihre Vorfahren unter anderem aus dem Meer stammen, woraus sie einen Anspruch darauf ableiten. Die von den Chinesen dominierte Fischerei Industrie, hat das Geschäft, besonders des lokalen Hummers, jedoch weitestgehend unter sich aufgeteilt. 

Im Alltag leben Australier und die Torres Strait Islanders in friedlicher Koexistenz, sofern man das nach einem einwöchigen Besuch beurteilen kann. Es ist eine spannende Gegend, die auch im zweiten Weltkrieg eine besondere Rolle gespielt hat. Zwischen 1942 und 1943 griffen die Japaner die Inseln wegen ihrer strategischen Bedeutung an. Flugzeugwracks gibt es z.B. auf Horn Island, wo sich auch heute noch der Flughafen der Inselregion befindet.

Tanz der „Torres Straits All Stars“
Tanz der „Torres Straits All Stars“

Von hier bis nach Darwin sind es noch über 700 Seemeilen. Kein Katzensprung und wir werden 4 Tage und Nächte brauchen, um dorthin zu gelangen. Der erste Versuch scheitert krachend an Wind und Kreuzwellen; alles fliegt uns um die Ohren. Der Kühlschrank fällt um, die Seenotrettungsinsel geht ohne Aufforderung auf.  Es ist grenzwertig und wir entscheiden, umkehren. Das ist das erste Mal in der Geschichte unserer Weltumrundung. Zuerst werden alle Schäden beseitigt und die, etwas in Mitleidenschaft gezogenen, Nerven beruhigt und auf besseres Wetter gewartet. Das kommt dann auch und man kann nicht glauben, dass das, schäumende, fauchende Wellen produzierende, Wasser, so friedlich, blau und unschuldig sein kann, als wäre es nie anders gewesen. Wir gleiten vier Tage und Nächte lang angenehm schaukelnd nach Darwin.

Darwin gilt als das Tor zu Indonesien. Es ist das „Top End“ von Australien und das Ende des Out Backs. Das Klima ist gnadenlos feucht und heiß, die Atmosphäre eher Wilder Westen als kultivierter Norden. Zum richtigen Leben erwacht die Gegend erst Ende April, wenn die Trockenzeit beginnt. Dann verpasst man jedoch die überfluteten Wetlands, des Kakadu Nationalparks, zwischen deren versunkener Bäume das Boot in den frühen Morgenstunden sanft durchgleitet. Einzig Vogelgezwitscher begleitet uns auf diesem magischen Ausflug in die Welt der Billabongs, Flussarme, überfluteten Wiesen und Wälder.

Kakadu Nationalpark

Ein Rundflug mit Air Kakadu lässt uns die endlosen Weiten des 20.000 qm großen Gebietes, das undurchdringlich erscheint, erleben. Die majestätischen Wasserfälle zwischen den Felsen des Escarpment sind ein wahres Naturschauspiel. Auch die Schlucht des Katherine Gorges, durch die sich der träge Katherine River windet sind beachtlich und sehenswert. Das Land, das die australische Regierung den Aborigines in den 80iger Jahre zurückgegeben hat, wird von einer lokalen Verwaltung des Volkes gemanagt. In den Städten gibt es dagegen viele Probleme mit der Integration. Alkohol und Drogen führen zu Gewalt und Elend. Das Volk der Aborigines ist das mit den meisten Gefängnisinsassen, wie wir unterwegs lernen. Wir beschließen die letzte Tour in die „Wildnis“ mit einem wunderschönen Sonnenuntergang.

Australien - Wasserfall

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