So geht positive Veränderung durch ehrenamtliches Engagement: Pro filia macht Frauen in Nepal stark

Wieviel positive Veränderung durch ehrenamtliches Engagement möglich ist, zeigt das Beispiel von Johanne Feldkamp und ihrem Verein Pro filia. Die Psychologin hat den Verein gegründet, als sie selbst gerade durch eine große Veränderung ging: den Eintritt in den Ruhestand. Sie stand vor der Frage, was sie tun wollte: Wie sollte sie ihre neue Freiheit und Freizeit nutzen? Johanne entschied sich mitzuhelfen, junge Frauen und Mädchen aus Nepal vor der Verschleppung in indische Bordelle zu bewahren.

2019 war es wieder soweit: Für mich hatte die Suche nach einem neuen ehrenamtlichen Projekt begonnen. Mein ganzes Leben war ich als Ehrenamtliche aktiv – und so sollte es auch bleiben. Nach über zehnjähriger Tätigkeit bei zwei Münsteraner Vereinen tut eine Veränderung allen gut.

Gemeinsam mit einer Freundin begann ich meine Suche und entdeckte den Verein Pro filia. Beim ersten Treffen im Vereinsbüro lernten wir Johanne Feldkamp kennen. Johanne ist eine gestandene, besonnene und sehr warmherzige Frau, die sich an diesem Tag viel Zeit nahm, um uns ihr Projekt vorzustellen: eine Aktion zum Schutz junger Frauen in Nepal.

Meine erste Frage war, warum sie sich dieses Arbeitsfeld für ihr ehrenamtliches Engagement ausgesucht hat. Die Antwort: Johanne wollte etwas zum Positiven daran verändern, dass in Nepal Mädchen und Frauen unter Gewalt, Ausbeutung und Rechtlosigkeit leiden.

Dr. Johanne Feldkamp bei einem ihrer regelmäßigen Besuche 2018 mit Anuradha Koirala
Dr. Johanne Feldkamp bei einem ihrer regelmäßigen Besuche 2018 mit Anuradha Koirala (Gründerin von MAITI)

Die Situation junger Frauen in Nepal

Viele junge Nepalesinnen werden verkauft und in indische Bordelle verschleppt – eine Form des Menschenhandels, die mir die Sprache verschlug. Zwischen 8.000 und 15.000 junge Frauen werden jedes Jahr mit falschen Versprechen nach Indien gelockt oder verkauft, wo sie unter schrecklichen Bedingungen leben.

Sollte einer Frau die Flucht gelingen, stellt die Rückkehr sie vor weitere Probleme: Viele der Zurückgekehrten werden von ihren Familien aus Angst vor Krankheiten oder aus wirtschaftlichen Gründen verstoßen.

Die wenigsten schaffen es jedoch, überhaupt zurückzukommen. Einmal in Gefangenschaft, sterben die meisten an Infektionskrankheiten oder Gewalt.

Die Nepalesinnen müssen nicht nur die Verschleppung fürchten. Auch in ihrem eigenen Land haben es Frauen sehr schwer, sich aus häuslicher Gewalt oder einem an Versklavung grenzenden Schicksal zu befreien.

Positive Veränderungen dank MAITI

Pro filia unterstützt MAITI, eine große nichtstaatliche Organisation (NGO), die den Frauen in Nepal mit einem umfangreichen Programm Hilfe leistet. Vom „Grenzbeobachterinnen Projekt“ über Ausbildungshäuser für Frauen bis zur Rechtsberatung nach Vergewaltigungen: MAITI bietet umfangreiche Unterstützung in vielen Bereichen und verändert so das Leben der Nepalesinnen positiv.

Besonders schätzt Johanne Anuradha Koirala, Gründerin von MAITI, die viele internationale Preise und Würdigungen erhalten hat.

Mit kreativen Aktionen sammelt Johanne unermüdlich Spenden für MAITI. Sie kümmert sich regelmässig vor Ort um die Weiterentwicklung der verschiedenen Projekte, die Pro filia in Nepal unterstützt. Die Spendengelder fließen direkt in die Projekte. Es wird kein Geld für Verwaltung oder Reisen verwendet. Johannes Arbeit ist rein ehrenamtlich.

Die Projekte von MAITI zum Schutz der Frauen in Nepal

Grenzbeobachterinnen leisten erfolgreich Aufklärungsarbeit
Grenzbeobachterinnen leisten erfolgreich Aufklärungsarbeit

Grenzbeobachterinnen

MAITI bildet Grenzbeobachterinnen aus. Viele von ihnen haben selbst leidvolle Erfahrung gemacht. Fallen ihnen Mädchen und junge Frauen auf, die die Grenze überqueren wollen, sprechen sie diese an und machen sie auf die Gefahren aufmerksam: Manches Heiratsversprechen oder Arbeitsangebot hat sich so als Tarnung für eine Verschleppung entlarven lassen.

Schutzhäuser

Zudem betreibt MAITI insgesamt 11 Schutzhäuser, Kliniken und Hospize für traumatisierte Mädchen und Frauen. Die Schutzhäuser sind die ersten Anlaufstellen für heimatlose Frauen in Nepal.

Johanne hat sich gleich zu Beginn ihrer Zusammenarbeit mit MAITI für die Finanzierung eines Schutzhauses an der indischen Grenze eingesetzt. 2019 wurde auf Initiative von pro filia ein Mutter-Kind-Heim in einem MAITI-Gebäude in Kathmandu gegründet.

Johanne kann die Vorstellung, dass Mädchen und Frauen keinen Zufluchtsort haben, nicht ertragen. Für sie wird das Grundrecht auf Menschenwürde zutiefst verletzt, wenn Frauen sich Gewalt und sozialer Ausgrenzung gegenübersehen.

Pro filia finanziert das Mutter-Kind Heim in Kathmandu
Pro filia finanziert das Mutter-Kind Heim in Kathmandu

Ausbildungshäuser

Aber MAITI bietet nicht nur Zufluchtsstätten. In Ausbildungshäusern können die jungen Frauen die Berufe Köchin, Schwesternhelferin, Schneiderin, Imkerin und Fahrerin erlernen. Zudem werden werden jährlich 40 junge Frauen zu Computerfachkräften ausgebildet. Eine attraktive Möglichkeit für die Frauen, ihr Leben zu verändern und ein höheres Einkommen zu bekommen. Das macht selbstbewusst!

Mikrokredite

Darüber hinaus ermöglicht MAITI durch Mikrokredite die Gründung neuer Unternehmen, beispielsweise von Rikscha-Unternehmen. Frauen werden Unternehmerinnen und können ein autonomes Leben führen.

Ein eigenes Unternehmen unterstützt durch Mikrokredite
Ein eigenes Unternehmen unterstützt durch Mikrokredite

Aufklärungskampagne

Einen großen Teil der Spendengelder investiert Pro filia auch in Aufklärungskampagnen in Comic Form. Denn viele Mädchen und Frauen können nicht lesen und schreiben.

Verbrechensverfolgung

Bei der Verfolgung von Verbrechen, die sich speziell gegen Mädchen und Frauen richten, hat Nepals Regierung weniger Erfolg vorzuweisen als MAITI. Das unterstreicht die Wichtigkeit einer gut strukturierten und unabhängigen NGO – und schlagkräftiger Partnerorganisationen im Ausland wie Pro filia.

Lebenskompetenzen trainieren und Selbstwertgefühl aufbauen

Durch ihre Erfahrung als Psychologin weiß Johanne, wie viel psychologische Unterstützung junge Frauen brauchen, um nicht Opfer geschickter Anwerbungsversuche von Menschenhändlern zu werden.

Deshalb bietet MAITI auch Trainings zur Stärkung des Selbstbewusstseins und der Lebenskompetenz. Dabei werden die jungen Frauen dafür sensibilisiert, Gefahren zu erkennen und abzuwehren, und darin bestärkt ihre eigenen Wünsche zu erkennen.

Oft bilden sich bei solchen Trainings Netzwerke und die Mädchen und Frauen helfen sich gegenseitig beim Aufbau eines eigenständigen Lebens.

Die nepalesische Gesellschaft muss sich zum Positiven verändern

Trotz Aufklärung und Netzwerk sind junge Frauen weiterhin gefährdet. Ich habe Johanne gefragt, warum. Fühlen sie sich generell wert- und nutzlos, weil Familie und Gesellschaft ihnen dieses Bild vermitteln? Wollen sie sich durch eine schnelle Heirat oder ein Jobversprechen in eine vermeintliche Sicherheit begeben?

Darauf gibt es keine eindeutige Antwort. Die Arbeit von MAITI zielt auf eine grundlegende Verbesserung des eigenen Selbstbilds ab. Ausbildungsangebote verbessern die Lage; für Gewaltsituationen werden konkrete Schutzräume geschaffen.

Letztlich muss sich die nepalesische Gesellschaft zum Positiven verändern: durch verbesserte Bildung und breiteren Zugang zu Informationen sowie Rechtssicherheit wird die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben geschaffen. Hier anzusetzen und Frauen ihre Würde wiederzugeben, ist auch Teil von Johanne Arbeit.

Positive Veränderung durch ehrenamtliches Engagement – auch für die Ehrenamtlichen!

Mit ihrem ehrenamtlichen Engagement sorgt Johanne jeden Tag für positive Veränderungen im Leben der jungen Frauen in Nepal, beschenkt aber auch sich selbst mit sinnvoller Tätigkeit und erfüllenden Erfahrungen: Denn sie sieht die Ergebnisse ihres Engagements und wird durch die sichtbaren Erfolge und Veränderungen zum Positiven für ihren Einsatz belohnt.

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